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Kremer, Gidon

Tracing Astor

Genre: Tango: Tango
Label: Elektra/Asylum/Nonesuch Laufzeit: 55 min.
Code: el079601

Tracing Astor
5,390 views

 

Detailinfos zu den Titeln

1 - la calle 92
gidon kremer


2 - tango etudes 1-3
gidon kremer


3 - chiquillin de bachin
gidon kremer


4 - rio sena
gidon kremer


5 - tango etudes 4-6
gidon kremer


6 - violoncelles, vibrez!
gidon kremer


7 - milonga sin palabras
gidon kremer


8 - tracing astor
gidon kremer


9 - all in the past
gidon kremer


 

Reviews

  Review : Tangodanza

Kremer bleibt Piazzolla auf der Spur. Viele klassische Musiker/Sänger sind
seit Piazzollas Tod (1992) auf den posthumen Erfolgszug seiner Musik
aufgesprungen, viele ohne innere Identifikation mit der Musik, sondern nur
mit ihren exzellenten musiziertechnischen Fähigkeiten, die ein vordergründig
beeindruckendes Resultat garantieren. Diese exzellenten technischen
Fähigkeiten hat natürlich auch der ansonsten in der klassischen und
insbesonders in der zeitgenössischen Konzertmusik brillierende Geiger Gideon
Kremer aufzuweisen. Doch nicht erst anlässlich dieser sechsten
Veröffentlichung Piazzollascher Werke (nach Hommage a Piazzolla, 1996; Astor
Piazzolla: EI tango, 1997; Piazzolla/Ferrer: Maria de Buenos Aires Tango
operita, 1998; Tango Ballet, 1999; Piazzolla/Vivaldi Eight Seasons, 2000) wird deutlich, dass
Kremer die Musik des Wegbereiters des neuen, konzertanten Tangos wirklich am Herzen
liegt, es sich bei seiner Hinwendung nicht bloß um eine kurzatmige modische
Geste handelt, sondern um tiefempfundenes Interesse. Daraus resultiert ein
inniger Interpretationsgeist, der sich auch vorliegend wieder dem Zuhörer in
packender Weise vermittelt. Dabei spürt hier der aus Riga/Lettland stammende
Geiger dem Geist Piazzollas einmal nicht mit seinem Astor Quartett nach,
vielmehr ist ?Tracing Astor³ eine reine Streicher-Einspielung geworden
(einzige Ausnahme: Titelstück). Solistisch, im Duo, im Trio, Quartett und
vom kompletten Kremerata Baltica Ensemble werden in durchweg ansprechenden,
engagierten Interpretationen weniger bekannte (Ausnahme: Chiquilin de
Bachin) Piazzolla-Titel, das vom Pianisten (und Arrangeur) Leonid
Desyatnikov komponierte Titelstück sowie zwei in dieses Umfeld passende
Fremdkompositionen dargeboten. Als Solist hat sich Kremer sechs Tango-Etuden
vorgenommen, in denen Piazzolla einige seiner Hauptgestaltungselemente,
-figuren und -phrasen einsetzt, die sodann in mehreren bekannten
Kompositionen von ihm Verwendung fanden. So die kantig-kaskadenhaften,
repetitiven Figuren der Etuden 1, 3, 5 und 6, die er häufig zur dramatischen
Steigerung einsetzte (die Eingangsfigur der Etude 1 etwa in Mi Buenos Aires
?Hora Cero³) oder der Sinnlichkeit und Sehnsucht verheissende Legato-Schmelz
in den Etuden 2 und 4 (etwa in ?Soledad³). Wie etwa Chopins Piano-Etuden
können auch diese Übungsstücke in ihrer Attraktivität als konzertante
Kompositionen bestehen. In dem geradezu zart und fast schemenhaft im Trio
(Violine, Viola und Cello) gespielten ?Chiquilin³ rezitiert eingangs Horacio
Ferrer höchstpersönlich in poetischer Form die Situation, die Piazzolla und
ihn seinerzeit zu diesem berühmtgewordenen Tango-Vals inspiriert hatte. Das
Titelstück von Desyatnikov (von dem Kremer schon ?Maria de Buenos Aires³
arrangieren ließ) macht seinem Namen Ehre, indem es unverstellt auf den
Pfaden des Meisters wandelt; es ist eine getragen-melancholische Tangoballade in der Machart von
Piazzollas ?Milonga para Tres³, ?Mumuki³ oder ?Sur: Regreso al Amor³, wobei
Desyatnikov mit dem Spannungselement der Dissonanz zwischen der
Führungsstimme Geige und der darunterliegenden Harmonie (Viola, Cello,
Piano) noch eine Spur weitergeht. Giovanni Sollimas wirkungsvolle
Komposition?Violoncelles,Vibrez!³ passt vom stilistisch-kompositorischen Ges-tus her in das
vorliegende Umfeld, erinnert mich letztlich jedoch mehr an die Auffassung des Engländers Michael
Nyman denn an Piazzolla. Wenn auch nicht Kremers wichtigste
Piazzolla-Veröffentlichung, ist ?Tracing Astor³ nichtsdestoweniger eine
musikalisch ansprechende, empfehlenswerte Produktion. Eine Hör-CD, keine
Tanz-CD.

Gerhard Litterst

Gerhard Litterst ist seit 1979 als freier Journalist im kulturellen Bereich
für diverse Fachzeitschriften tätig. Neben seiner journalistischen Ausbildung hat er eine
musikalische Ausbildung in klassischem Gesang und Musiktheorie.

(Erschienen in Tangodanza, Zeitschrift für Tango Argentino, Nr. 1/2002)


Tangodanza, 20031009

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