DYM - Newsmail / Was kostet eine CD - Produktion ...



Liebe Freunde von “Danza y Movimiento”!

Endlich einmal wieder ein Newsletter, in dem wir mit dem Anfang des Jahres begonnenen Thema “Wie viel darf Musik eigentlich kosten” fortfahren! Ich habe Ihnen vor einigen Wochen versprochen, einmal beispielhaft die Kosten einer CD - Produktion durchzurechnen. Möchten Sie wissen, was eine Tango- oder Salsa-CD kostet? Dann lesen Sie weiter:

Für ein neues Tango - CDprojekt musste ich dieser Tage ein wenig recherchieren und rechnen. Doch egal ob Tango, Salsa oder Samba - die hier angeführten Kosten haben nichts mit dem Genre zu tun.

Meine Berechnung geht von folgenden Komponenten aus:

1. Aufnahme und Mastering werden in einem günstigen Tonstudio durchgeführt. Die Musiker bekommen ein Taschengeld. Aufnahme und Mastering nehmen weniger als 18 Tage in Anspruch und kosten insgesamt inkl. Honoraren und Nebenkosten nicht mehr als 20.000.- Euro.

2. Damit die CD einigermassen ansprechend ist wird als Format das Digipack gewählt. Es gibt ein Booklet mit Basisinformationen zur CD. Für die beteiligten Grafiker und Photographen wird ein Budget von 3000.- Euro gerechnet.

3. Die Herstellung der CD und der dazugehörenden Drucksachen kostet pro CD 1,50 Euro

4. Um die CD zu vermarkten wird ein (lächerliches) Budget von 5.000.- Euro eingeplant. (Für dieses Budget wird es kaum möglich sein, Anzeigen zu schalten oder Plakate zu drucken ... Aber mehr ist eben nicht drin.)

5. Die CD soll im Hochpreisbereich auf den Markt kommen. Bei einem Ladenverkaufspreis von etwa 17 bis 18 Euro erhält das Label, das in diesem Fall die CD produziert, etwa 7.- Euro pro CD.

6. Die Gema erhält etwa 10% vom Händlerabgabepreis, der momentan für Hochpreis-CDs nach Abzug aller Prozente, die sich die Handelsketten (Einzelhändler mit Weltmusiksortiment gibt es weltweit kaum noch ...) abziehen etwa bei 10.- Euro liegt. Heisst: Die Gema erhält etwa 1.- Euro pro CD. Sie ist dazu verpflichtet, dieses Geld an die Autoren und Komponisten weiterzuleiten.

7. Auch die Interpreten der CD sollen beim Verkauf der CD etwas verdienen. Sie erhalten laut unseren Verträgen im Schnitt 17% vom Händlerabgabepreis. Mit anderen Worten erhalten die Interpreten im aktuellen Beispiel von jeder verkauften CD 1,70 Euro.

Diese Zahlen in einer Kalkulationstabelle zusammengerechnet geben folgendes Ergebnis: Label müsste mehr als 10.000 CDs verkaufen, um überhaupt einen Cent Gewinn zu machen.

Derartige Verkaufszahlen sind illusorisch. In einem Nischenbereich wie der Weltmusik träumen alle von solchen Verkäufen, die jedoch von kaum einem Künstler erreicht werden. Dazu kommt, dass bekanntermassen die Verkäufe bei neuen Künstlers in den letzten Jahren in den Keller gerutscht sind. Heutzutage wird selbst bei den Mayors (Universal, Sony, BMG etc) manchmal schon im Mainstream - Pop die erste Flasche Sekt geköpft, wenn 10000 CDs eines Künstlers verkauft sind. Im Weltmusikbereich schafft es ein unbekannter Interpret wenn er gut verkauft auf 2 - 3000 verkaufte Alben. Wenn es nicht so gut läuft, kann der Abverkauf auch mal bei 500 Alben hängen bleiben.

Bleibt die Frage: Wie soll das Plattenlabel eine CD kalkulieren? Gehen wir mal davon aus, dass es nicht so wunderbar mit der neuen CD läuft und nur etwa 1000 CDs verkauft werden. 1000 ist eine realistische Zahl. Dann hat Plattenlabel etwa 26.000.- Euro Verlust gemacht. Doch auch bei 5000 verkauften Alben, was wirklich viel wäre, macht das Plattenlabel noch einen Verlust von ca. 15.000.- Euro.

Warum werden unter diesen Bedingungen überhaupt noch Weltmusik - CDs produziert? Einer der Hauptgründe ist sicherlich der unschlagbare Idealismus aller Beteiligten.

In der Praxis bedeutet das, um die oben kalkulierte CD überhaupt produzieren zu können: Die CD wird in einem supergünstigen Studio in Lateinamerika produziert. Ein Grossteil der Beteiligten verzichtet auf jegliche Honorare. Das senkt die Kosten erheblich.

Doch auch unter diesen selbstausbeuterischen Bedingungen müssen mindestens 2000 CDs zum vollen Ladenpreis von 18.- Euro verkauft werden, bevor das Plattenlabel den ersten Euro sieht.

Wie könnte Plattenlabel kostendeckend arbeiten? Gehen wir mal davon aus, dass von einer Neuproduktion 1000 CDs verkauft werden. Um die Kosten der am Anfang kalkulierten Low - Budget - Produktion zu decken müsste der Ladenverkaufspreis jeder einzelnen CD bei 56.- Euro (inkl. der deutschen Mehrwertsteuer von 16%) liegen.

Wenn Sie bereit sind, diesen Preis für eine CD zu bezahlen, sind wir gerne bereit, weiter CDs mit neuen Künstlern zu produzieren!

Viele Grüsse
Matthias Möbius

Zusatzinfo 1: Ein Grossteil der aktuell produzierten Weltmusik - CDs wird heute schon mit Fremdgeldern finanziert. Wer z.B. als Bauunternehmer oder im Modebereich genug Geld verdient, kann sich natürlich auch noch ein kleines Weltmusik- Plattenlabel leisten ... :-)

Zusatzinfo 2: Sind Downloads eine Rettung aus der Misere? Zu diesem Thema folgt in Bälde eine weitere informative Mail.

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